Bei einer Scheidung oder Auflösung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft müssen viele Dinge geklärt werden. Eine der größten Fragen, die sich ein Ehepaar vor der Scheidung stellt, ist, was mit der gemeinsamen Immobilie passiert. Will eine Partei in der Immobilie wohnen bleiben? Zahlt sie die Ehepartner:in aus? Soll die Immobilie verkauft werden? Neben dem Hausverkauf nach der Scheidung, gibt es noch weitere Möglichkeiten, mit der gemeinsamen Immobilie umzugehen. In diesem Beitrag werden jegliche Möglichkeiten beleuchtet, Vor- und Nachteile aufgezeigt und worauf sonst geachtet werden sollte.
- Wenn kein Ehevertrag besteht, greift im Fall einer Scheidung in der Regel die Zugewinngemeinschaft. Das bedeutet, dass sämtliches Vermögen, das nach der Eheschließung kumuliert wurde, beiden Ehepartner:innen zu gleichen Teilen gehört.
- Als Erstes muss bei einer Scheidung der Verkehrswert der gemeinsamen Immobilie bestimmt werden.
- Die Immobilie kann, mit Zustimmung beider Eigentümer:innen, bereits im Trennungsjahr veräußert werden.
- Bei der Ausgleichszahlung bezahlt die Partner:in, die noch in der Immobilie wohnt, den Mietvorteil an die ausgezogene Partei.
- Um die Spekulationssteuer oder Vorfälligkeitsentschädigungen zu vermeiden, können Eigentümer:innen sich entscheiden, mit dem Verkauf einer Immobilie zu warten.
- Wenn eine Eigentümer:in die Immobilie behalten möchte, können sich beide Parteien auf eine Auszahlung einigen
- Nach der rechtsgültigen Scheidung können beide Parteien eine Veräußerung der Immobilie in Form einer Teilversteigerung erzwingen.
Häuser im Scheidungsfall
Wenn Ehepartner:innen eine Immobilie gemeinsam gekauft haben, es keinen Ehevertrag gibt und auch beide Parteien zu gleichen Teilen im Grundbuch eingetragen sind, sind auch beide gleichberechtigte Eigentümer:innen. Sollte nur eine der Ehepartner:innen eingetragen sein, so gilt auch nur sie als Eigentümer:in. Hier würde die Immobilie als Alleineigentum gelten.
In Fällen ohne Ehevertrag gilt, dass das Vermögen, das beide Parteien mit in die Ehe bringen, auch bei einer Scheidung weiterhin der jeweiligen Person gehört.
Zugewinngemeinschaft
Die Zugewinngemeinschaft liegt vor, wenn sämtliches Vermögen, das nach der Eheschließung kumuliert wurde, beiden Ehepartner:innen zu gleichen Teilen gehört. Das bedeutet, dass beide Ehepartner:innen von dem Zugewinn des Vermögens während der Ehe zu gleichen Teilen profitieren. Wenn also eine Immobilie während der Ehe gemeinsam gekauft wird, gehört dieses zur sogenannten Zugewinngemeinschaft.
Zu beachten ist, dass bei einer Zugewinngemeinschaft Verfügungsbeschränkungen bestehen. Sollte eine Immobilie mehr als 90 % des Vermögens ausmachen, dann dürfen die Ehepartner:innen nur beschränkt über ihren Teil des Vermögens verfügen. In der Praxis bedeutet dies, dass Ehepartner:innen zustimmen müssen, wenn der andere die Immobilie (sprich seinen Teil der Immobilie) veräußern möchte.
Gleiches gilt auch beim Verkauf von Unternehmen. Hier ist die Ehegattenzustimmung zwingend erforderlich.
Nach der rechtlichen Scheidung steht jedoch jeder Partei zu, seinen Teil der Immobilie zu veräußern und kann einen Verkauf im Extremfall erzwingen.
Gütertrennung
Die Gütertrennung beschreibt, dass das gemeinsame Vermögen bzw. das gemeinschaftliche Gebrauchsvermögen zweier Ehepartner:innen getrennt betrachtet wird. Wenn beide Partner:innen am Kauf oder am Bau der Immobilie beteiligt waren (ob finanziell oder unentgeltlich), aber nur eine der Partner:innen im Grundbuch steht, haben dennoch beide Parteien ein Anrecht auf Teil des Vermögens. Die Gütertrennung bei einer Immobilie ist nicht so einfach wie das Führen unterschiedlicher Bankkonten.
Die Gütertrennung bedarf eines entsprechenden Notarvertrages. Kommt es bei bestehender Gütertrennung zur Scheidung, so erfolgt kein Zugewinnausgleich für Vermögenszugewinne während der Ehe.
Wurde während der Ehe eine Immobilie gemeinsam erworben, stellt diese eine Bruchteilsgemeinschaft dar. Entsprechend bedarf es der Zustimmung beider Seiten diese zu verkaufen bzw. weiterhin zu nutzen.
Immobilienbewertungen bei Scheidungen
Bei einer Scheidung ist es unumgänglich, die gemeinsame Immobilie bewerten zu lassen, damit der Marktwert festgestellt werden kann, den es zwischen den Ehepartner:innen aufzuteilen gilt. Es empfiehlt sich durchaus von Anfang an ein Verkehrswertgutachten von einer Gutachter:in erstellen zu lassen, da eine solche Bewertung auch vor Gericht gültig ist.
Selbstverständlich ist es meist das Ziel sich außergerichtlich einigen zu können, dennoch kann es passieren, dass es zu keiner Einigung kommt. Hierbei sparen sich Eheleute weitere Kosten durch eine erneuerte Bewertung.
Immobilienverkauf im Trennungsjahr
Wenn sich Partner:innen für eine Scheidung entscheiden, dann gibt es zunächst das sogenannte Trennungsjahr. Aus rechtlicher Sicht müssen Eheleute ein Jahr vor einer Scheidung in Trennung leben. Eine Trennung besteht dann, wenn Ehepartner:innen wirtschaftlich getrennt voneinander leben – sprich: Es besteht keine häusliche Gemeinschaft. Das bedeutet nicht, dass eine der Partner:innen sofort ausziehen muss, jedoch muss nachgewiesen werden können, dass beide getrennt voneinander wirtschaften. Ein solcher Nachweis muss in der Regel aber nur dann erfolgen, wenn einer der Partner:innen der Scheidung nicht zustimmt.
Um eine Immobilie zu verkaufen, müssen Partner:innen nicht erst bis zur Scheidung warten. Die Immobilie kann, mit Zustimmung beider Eigentümer:innen in Zugewinngemeinschaften, bereits im Trennungsjahr veräußert werden. Das kann zum Beispiel dann sinnvoll sein, wenn die laufenden Kosten des Hauses zu hoch für nur eine dort lebende Person. Auch kann das Haus noch im Trennungsjahr verkauft werden, damit eine Gütertrennung während der Scheidung einfacher verläuft.
Nutzung der Immobilie nach der Trennung
Oftmals entscheidet sich eine der Ehepartner:innen für einen Auszug aus der gemeinsamen Immobilie. Sofern die Partner:in seit mindestens sechs Monaten ausgezogen ist, wird aus gerichtlicher Sicht davon ausgegangen, dass keine Rückkehrabsicht besteht. Damit übergeht das alleinige Nutzungsrecht an die Partei, die noch in der Immobilie lebt.
Im Gegenzug kann dann von der Partner:in, die ausgezogen ist, eine Bezahlung verlangt werden für die Nutzungsüberlassung: die sogenannte Ausgleichszahlung.
Eine Ausgleichszahlung wird basierend auf dem Mietenspiegel berechnet. Die Partner:in, die noch in der Immobilie wohnt, bezahlt den Mietvorteil an die ausgezogene Partei.
In der Praxis sähe das wie folgt aus:
Der Mietspiegel setzt den Wohnwert einer Immobilie bei 500€ an. Die Partner:in, die noch im Haus lebt, verdient 2000€ netto. Der Wohnwert ist ihrem Nettoverdienst zuzurechnen: 2500€. Basierend darauf lässt sich im nächsten Schritt die Ausgleichszahlung ableiten.
Generell können aber auch beide Partner:innen sich dafür entscheiden, im Trennungsjahr im gemeinsamen Haus wohnen zu bleiben.
Realteilung
Von einer Realteilung wird gesprochen, wenn sich die Immobilie räumlich in zwei Teile trennen lässt. Das bedeutet, dass eine Immobilie in zwei einzelne Nutzungseinheiten aufgeteilt werden kann. In der Theorie ist es eine einfache Lösung, in der Praxis jedoch schwierig, da diese Art der Aufteilung in der Umsetzung meist aufwendig und mit vielen Umbaukosten verbunden ist.
Haus verkaufen nach Scheidung
Um die gemeinsame Immobilie nach der Scheidung verkaufen zu können, müssen im Regelfall beide Parteien dem Verkauf zustimmen. Entschließt sich das Paar das Haus zu verkaufen, wird der Erlös im Anschluss aufgeteilt. Wenn das Haus beiden Partner:innen zu gleichen Teilen gehört, wird auch der Erlös entsprechend aufgeteilt. Vor der Auszahlung der Summe werden sämtliche offene Kostenpunkte getilgt, wie zum Beispiel offene Zahlungen oder Kredite.
Was Ehepartner:innen vor dem Verkauf tun sollten:
- Überprüfen, wer im Grundbuch als Eigentümer:in eingetragen ist
- Gutachter:in beauftragen, um die Immobilie bewerten zu lassen
- Makler:in beauftragen
Zusätzlich gibt es noch einige Punkte, die Eigentümer:innen beachten sollten:
- Keinen „Panikverkauf“ und die Immobilie zu einem viel zu niedrigen Preis verkaufen, weil die Eigentümer:innen das Haus schnell loswerden wollen.
- Am besten mit einer Makler:in arbeiten, damit es zu möglichst wenig Konflikten zwischen beiden Eigentümer:innen kommt.
- Wenn möglich den Ablauf der Spekulationsfrist abwarten, um Steuern zu sparen.
- Mit dem Verkauf aufgrund von Unstimmigkeiten zu lange warten – hier kann im schlechtesten Fall ein Wertverlust über Zeit erfolgen.
Vermietung vs. Verkauf nach Scheidungen
Die ehemaligen Eheleute können sich auch dafür entscheiden, die gemeinsame Immobilie nach der Scheidung zu vermieten. Das bietet sich vor allem dann an, wenn ein Verkauf der Immobilie aufgrund der Marktlage schwieriger als eine Vermietung ist oder sich die Eigentümer:innen weiterhin nicht einig geworden sind, ob das Haus nach der Scheidung wirklich verkauft werden soll.
Eine Vermietung kann aber auch dann interessant sein, wenn Kosten gespart werden sollen. Zum Beispiel, wenn das Ehepaar Kredite aufgenommen hat, um die Immobilie zu kaufen. Sollten diese Kredite bislang nicht abbezahlt sein, kann eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung anfallen. Eine Vorfälligkeitsentschädigung ist immer abhängig vom derzeitigen Marktzins, liegt aber in der Regel zwischen 5 – 10 Prozent der bestehenden Restschuld. Auch die Spekulationssteuer kann ein Grund sein, mit dem Verkauf der Immobilie auch nach der Scheidung zu warten und sie zwischenzeitlich lieber zu vermieten. Zehn Jahre nach Kauf der Immobilie läuft die Spekulationsfrist ab.
Immobilie vermieten | Immobilie verkaufen | |
---|---|---|
Vorteile | Passives Einkommen für beide Parteien; keine Spekulationssteuer durch einen Verkauf; keine Vorfälligkeitsentschädigung | Klare Trennung von Vermögensgegenständen; Verkaufserlös kann für andere Dinge eingesetzt werden |
Nachteile | Evtl. Konfliktpotenziale mit der zukünftigen Ex-Partner:in | Evtl. Spekulationssteuer zahlen; Evtl. Vorfälligkeitsentschädigung zahlen |
Auszahlung an die Partner:in
Falls einer der beiden Ehepartner:innen die Immobilie behalten möchte, kann sich auch auf eine Auszahlung geeinigt werden.
Für eine Auszahlung an die Partner:in müssen folgende Schritte befolgt werden:
- Verkehrswert der Immobilie ermitteln
- Restschuld bzw. laufende Kredite prüfen
- Unterhaltshöhe an die Partner:in prüfen und berechnen
- neuen Kredit aufnehmen, um die Partner:in auszuzahlen
Wichtig bei der Auszahlung ist es, die eigene finanzielle Situation genaustens zu analysieren und herauszufinden, ob eine Auszahlung überhaupt machbar und finanziell sinnvoll ist.
Teilversteigerung
Nach Ablauf des Trennungsjahres und der offiziellen Scheidung dürfen Eigentümer:innen einen Verkauf der Immobilie verlangen. Wenn die andere Partei nicht zustimmt, kann eine solche Veräußerung aufgrund der Scheidung durch eine Teilversteigerung erfolgen. Eine Teilversteigerung kann auch dann erzwungen werden, wenn einem der Partner:innen das Haus zu mehr als 50 Prozent gehört.
Eine Teilungsversteigerung wird anhand eines formlosen Schreibens und einem Grundbuchauszug beantragt.
Diesem Antrag kann innerhalb von zwei Wochen widersprochen werden. Solch ein Widerspruch ist aber nur dann gültig, wenn z.B. die wirtschaftliche Existenz, der Partei, die nicht verkaufen will, mit dem Verkauf gefährdet wird.
Die Verkaufs-unwillige Partner:in kann im Falle einer Versteigerung mitbieten, muss jedoch nachweisen können, den Preis zahlen zu können.
Eine Teilversteigerung ist meist die letzte Instanz, die Ehepartner:innen wählen. Denn bei einer Teilversteigerung kommt es zu zusätzlichen Gerichtskosten und dem Risiko, dass die Immobilie unter Wert versteigert wird.
Übertragung an Kinder
Die Übertragung der Immobilie an die gemeinsamen Kinder ist eine weitere Lösung, welche Eheleute im Scheidungsfall für ihrer Immobilie wählen können. Grundvoraussetzung hierfür ist, dass die Immobilie schuldfrei ist. Außerdem kann eine Schenkung der Immobilie an das gemeinsame Kind oder die gemeinsamen Kinder nur erfolgen, wenn beide Eigentümer:innen der Schenkung zustimmen.
Wenn eine Immobilie an Wert seit dem Kauf gewonnen hat, wirkt sich eine Schenkung nicht auf den Zugewinnausgleich aus. Der Wert der Immobilie wird auch im Falle einer Schenkung zum Endvermögen hinzugerechnet. Sollte eine Partei denken, dass eine Schenkung sich nachteilig auf die eigene Ausgleichszahlung auswirken könnte, kann sie die Aufhebung der Zugewinngemeinschaft beantragen, damit der Ausgleich schon vor der Scheidung gezahlt werden muss.
Ehevertrag bei Scheidungen
Wenn vor der Ehe ein Ehevertrag aufgesetzt wurde, entsteht in der Regel zu keiner Zugewinngemeinschaft. In einem Ehevertrag können folgende Punkte festgelegt werden:
- Aufteilung der Vermögensgegenstände
- Unterhaltszahlungen
- Altersvorsorge
Wenn sich die Partner:innen einig werden können, kann auch noch im Nachhinein Vereinbarungen getroffen werden, die von der Zugewinngemeinschaft abweichen.
Scheidungskosten für Immobilien berechnen
Was für Kosten in Bezug auf die Immobilie kommen auf Eheleute zu, wenn sie sich scheiden lassen? Die Kosten sind natürlich abhängig davon, für welche Art der weiteren Nutzung sich die Ehepartner:innen entscheiden. Generell können sie aber 2 – 5 Prozent des Privatvermögens dem Verfahrenswert hinzurechnen. Je mehr sich Partner:innen außergerichtlich einigen können, desto geringer werden die Scheidungskosten sein.
Steuerliche Regelungen
Wenn der Kauf einer Immobilie weniger als zehn Jahre her ist, wird beim Verkauf die Spekulationssteuer fällig. Die Spekulationssteuer wird auch dann fällig, wenn die Immobilie an eine der Ehepartner:innen übertragen wird und die andere Partei damit Gewinn macht.
Wieso? Bei der Übertragung würde es sich um ein entgeltliches Veräußerungsgeschäft handeln und der Gewinn somit als Einkommen gelten.
Fazit
Scheidungen sind oftmals mit viel emotionalem Stress verbunden. Daher ist es ratsam, sich bereits vorher Gedanken darüber zu machen, was mit der gemeinsamen Immobilie geschehen soll. Sollte es einer Scheidung kommen, gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, mit der gemeinsamen Immobilie im Scheidungsfall umzugehen. Eine davon ist immer der Verkauf der Immobilie nach der Scheidung.
Was die richtige Entscheidung ist, ist höchst individuell für jedes Ehepaar und deren emotionale, familiäre und wirtschaftliche Situation. Wenn sich Eheleute zu einem Verkauf entscheiden, ist es meist ratsam, mit einer objektiven Makler:in zusammenzuarbeiten, um so mögliche Konflikte zu vermeiden.
FAQ
Sofern kein Ehevetrag besteht bzw. die Immobilie gemeinsam nach Eheschließung gekauft wurde, gehört die Immobilie dem Ehepaar zu gleichen Teilen. Hier besteht dann nämlich die sogenannte Zugewinngemeinschaft.
Nein. Das Ehepaar kann sich auch im Trennungsjahr dafür entscheiden gemeinsam in der Immobilie leben. Wenn eine Partei auszieht und nach sechs Monaten nicht wieder eingezogen ist, wird aus rechtlicher Sicht davon ausgegangen, dass keine Rückkehrabsicht besteht. Damit übergeht das alleinige Nutzungsrecht an die Partei, die noch in der Immobilie lebt.
Ehepartner:innen können sich gemeinsam darauf einigen, dass eine Partei die andere ausbezahlt und die Immobilie behält. Nach der offiziellen Scheidung kann eine der Partner:innen einen Verkauf außerdem erzwingen und bei der Versteigerung der Immobilie mitbieten. Das sollte natürlich nur im Extremfall passieren.