Verkehrswert: Bestimmung und Nutzen

Berechnung des Verkehrswertes bei Immobilien - Nutzen des Verkehrswertes und Berechnungsmethoden im Überblick

Der Verkehrswert bezeichnet den Marktwert einer Immobilie bzw. eines Grundstücks. Er gibt Aufschluss darüber, wie viel eine Immobilie auf dem derzeitigen Markt wert ist. Der Verkehrswert wird zum Beispiel beim Verkauf einer Immobilie relevant, um einen angemessenen Preis festzulegen. Viele Eigentümer:innen fragen sich in welchen anderen Situationen der Verkehrswert relevant ist, wie er berechnet wird und wen man mit einer Ermittlung beauftragen würde.

  • Der Verkehrswert gibt den Wert einer Immobilie bzw. eines Grundstücks wieder.
  • Wie der Verkehrswert ermittelt wird, ist im Baugesetzbuch festgehalten.
  • In manchen Fällen ist die Ermittlung des Verkehrswerts unabdingbar, in anderen ist sie optional.
  • Um den Verkehrswert zu ermitteln, werden je nach Immobilie verschiedene Wertermittlungsverfahren benutzt: Das Ertragswert-, Vergleichswert-, Sachwert- und Residualverfahren.
  • In manchen Fällen reicht ein Kurzgutachten zur Ermittlung des Verkehrswerts aus, welches nur die wichtigsten Punkte beinhaltet.
  • Bei jeglichen gerichtlichen Auseinandersetzungen wird ein Vollgutachten benötigt.
  • Es gibt verschiedene Faktoren, die den Verkehrswert einer Immobilie beeinflussen: Lage, Haustyp, Energieausweis, Bauqualität und Ausstattung.

Definition des Verkehrswertes

Der Verkehrswert beschreibt den Wert einer Immobilie, den diese auf dem derzeitigen Markt realistisch erbringen kann. Daher wird auch oft vom Marktwert gesprochen. Der Verkehrswert berücksichtigt verschiedene Punkte wie zum Beispiel die aktuelle Marktsituation (Zinsen, Angebot, politische/wirtschaftliche Situation…), Attraktivität der Immobilie, etc. basierend auf verschiedenen Faktoren und getätigte Investitionen in Neubauten.

Das Baugesetzbuch definiert den Verkehrswert in § 194 wie folgt:

„Der Verkehrswert (Marktwert) wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.“

Nutzung des Verkehrswertes

Die Nutzung des Verkehrswertes einer Immobilie erstreckt sich über eine Vielzahl von Anwendungsfällen, die weit über den einfachen Verkauf oder Kauf hinausgehen. Ein präzise ermittelter Verkehrswert ist insbesondere in rechtlichen und finanziellen Angelegenheiten von entscheidender Bedeutung. So spielt der Verkehrswert eine zentrale Rolle bei der Festsetzung von Erbschafts- oder Schenkungssteuern, da das Finanzamt auf Basis dieses Wertes die steuerliche Bemessungsgrundlage festlegt. Ebenso ist er ausschlaggebend bei der Vermögensaufteilung in Scheidungsverfahren, um eine gerechte Verteilung des gemeinsamen Eigentums zu gewährleisten.

Ebenso dient der Verkehrswert als wichtige Kennzahl bei der Beantragung von Hypotheken oder anderen Krediten, bei denen die Immobilie als Sicherheit hinterlegt wird. Banken und Finanzinstitute verlangen oft eine Bewertung, um das Risiko des Kredits abschätzen zu können. Auch bei der Überprüfung von Versicherungspolicen, insbesondere Gebäudeversicherungen, ist der Verkehrswert relevant, um eine angemessene Deckungssumme zu gewährleisten, die im Schadensfall den tatsächlichen Wert der Immobilie widerspiegelt.

In städtebaulichen Planungsprozessen oder bei der Entwicklung von Neubauprojekten kann der Verkehrswert ebenfalls eine Rolle spielen, um den Wert von Grundstücken zu bestimmen und faire Ausgleichszahlungen zwischen den beteiligten Parteien zu ermöglichen. Nicht zuletzt ist die Kenntnis des Verkehrswertes für Eigentümer:innen selbst von Vorteil, um den Wert ihres Vermögens realistisch einschätzen zu können und fundierte Entscheidungen über zukünftige Investitionen oder Instandhaltungsmaßnahmen zu treffen.

Beispiele der Nutzung des Verkehrswertes können folgende Situationen sein:

  • Bei einer Erbschaft oder Scheidung,
  • wenn die Miete ermittelt werden soll bzw. angefochten wird,
  • sofern Steuerbescheide angefochten werden,
  • wenn Eigentümer:innen z.B. einen Kredit abschließen wollen und die Bank den Wert der Immobilie benötigt,
  • wenn die Immobilie verkauft werden soll.

Die vielfältigen Anwendungsfälle unterstreichen die Bedeutung einer genauen und professionellen Ermittlung des Verkehrswertes. Sie zeigt, dass der Verkehrswert weit mehr ist als nur eine Zahl – er ist ein entscheidender Faktor in einer Vielzahl von wirtschaftlichen, rechtlichen und persönlichen Entscheidungsprozessen.

Checkliste Verkehrswertgutachten

Da eine Ermittlung des Verkehrswerts teils auch kostspielig ist, sollten Eigentümer:innen abwägen, ob es in der jeweiligen Situationen notwendig ist, eine Immobilie bewerten zu lassen.

Die Entscheidung, ein Verkehrswertgutachten in Auftrag zu geben, sollte wohlüberlegt sein, da sie je nach Situation unterschiedliche Notwendigkeiten und Vorteile mit sich bringt. Die folgende erweiterte Checkliste soll Eigentümer:innen dabei helfen, die Notwendigkeit eines Verkehrswertgutachtens in verschiedenen Situationen besser einzuschätzen:

SituationNotwendig oder optional?Begründung
Erbschaft oder Scheidung (außergerichtlich)OptionalEin Gutachten kann helfen, faire Werte für die Aufteilung des Vermögens zu finden, ist aber nicht zwingend erforderlich.
Erbschaft oder Scheidung (gerichtlich)NotwendigEin offizielles Gutachten ist oft erforderlich, um den Wert der Immobilie rechtlich festzustellen.
Ermittlung der MieteOptionalKann hilfreich sein, um marktgerechte Mieten zu bestimmen, ist aber in der Regel nicht erforderlich.
Anfechtung von SteuerbescheidenNotwendigEin Gutachten kann als Beweismittel dienen, um den festgesetzten Wert zu bestreiten.
Zusammenarbeit mit Banken (z.B. Kreditabschluss)NotwendigBanken verlangen oft ein Gutachten, um den Beleihungswert der Immobilie zu bestimmen.
ImmobilenverkaufOptionalEin Gutachten kann Verkäufer:innen helfen, einen realistischen Verkaufspreis festzulegen, ist aber nicht immer notwendig.
VersicherungseinstufungOptionalFür eine angemessene Versicherungssumme kann ein Gutachten nützlich sein, um Unter- oder Überversicherung zu vermeiden.
Bauvorhaben und EntwicklungsprojekteOptionalEin Gutachten kann zur Wertbestimmung und für Finanzierungsentscheidungen bei Projekten nützlich sein.
Vermögensbewertung für private ZweckeOptionalEigentümer:innen können ein Gutachten nutzen, um den Wert ihres Vermögens zu kennen, besonders bei größeren Anlageentscheidungen.
Vergleich der Notwendigkeit von Verkehrswertgutachten für Immobilien in unterschiedlichen Situationen

Diese Checkliste soll als Orientierungshilfe dienen und die Entscheidung für oder gegen ein Verkehrswertgutachten erleichtern. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die spezifischen Umstände jedes Einzelfalls berücksichtigt werden müssen. In vielen Fällen kann eine Beratung mit einem Fachexperten sinnvoll sein, um die beste Entscheidung zu treffen.

Erbschaft oder Scheidung (außergerichtlich)

In außergerichtlichen Fällen einer Erbschaft oder Scheidung kann ein Verkehrswertgutachten dazu beitragen, eine faire Aufteilung des Immobilienvermögens zwischen den Parteien zu ermöglichen.

Zum Beispiel, wenn zwei Geschwister ein Haus erben und einer von ihnen ausbezahlt werden möchte, kann ein Gutachten den aktuellen Marktwert feststellen und somit eine gerechte Grundlage für die Auszahlung bieten. Ebenso kann bei einer einvernehmlichen Scheidung ein Gutachten helfen, den Wert des gemeinsamen Hauses zu bestimmen, um eine faire Vermögensaufteilung zu erreichen.

Erbschaft oder Scheidung (gerichtlich)

Bei gerichtlichen Auseinandersetzungen, wie in Erbschafts- oder Scheidungsfällen, wird häufig ein offizielles Verkehrswertgutachten gefordert, um den Wert der Immobilie rechtlich festzustellen.

Ein Beispiel hierfür wäre ein Scheidungsfall, in dem die Parteien sich nicht über den Wert des Familienheims einigen können. Das Gericht kann dann die Erstellung eines Gutachtens anordnen, um eine gerechte Aufteilung des Vermögens zu gewährleisten.

Ermittlung der Miete

Ein Verkehrswertgutachten kann optional herangezogen werden, um marktgerechte Mieten zu bestimmen. Dies ist besonders nützlich für Vermieter:innen, die eine Neuvermietung planen und sicherstellen möchten, dass die angesetzte Miete den aktuellen Marktbedingungen entspricht.

Ein Beispiel wäre die Ermittlung des Mietpreises für eine frisch sanierte Altbauwohnung in einer begehrten Stadtgegend.

Anfechtung von Steuerbescheiden

In Fällen, in denen Eigentümer:innen den festgesetzten Wert ihrer Immobilie in einem Steuerbescheid anfechten möchten, ist ein Verkehrswertgutachten notwendig.

Ein Beispiel hierfür könnte ein Hausbesitzer sein, der der Meinung ist, dass das Finanzamt den Wert seines Grundstücks für die Grundsteuer zu hoch angesetzt hat. Ein Gutachten kann dann als Beweismittel dienen, um eine Neubewertung zu erreichen.

Zusammenarbeit mit Banken (z.B. Kreditabschluss)

Bei der Beantragung von Hypotheken oder anderen Krediten, bei denen die Immobilie als Sicherheit dient, verlangen Banken oft ein Verkehrswertgutachten. Dies dient dazu, den Beleihungswert der Immobilie zu bestimmen.

Ein Beispiel wäre ein Paar, das einen Kredit für den Kauf eines neuen Hauses aufnehmen möchte und dessen aktuelles Eigenheim als Sicherheit einbringt.

Immobilienverkauf

Beim Verkauf einer Immobilie kann ein Verkehrswertgutachten optional eingesetzt werden, um einen realistischen Verkaufspreis festzulegen. Dies ist besonders hilfreich, wenn der Markt volatil ist oder die Immobilie besondere Merkmale aufweist, die bei der Preisfindung berücksichtigt werden müssen.

Versicherungseinstufung

Für eine angemessene Versicherungssumme kann ein Gutachten nützlich sein, um sicherzustellen, dass die Immobilie weder unter- noch überversichert ist.

Ein Beispiel wäre ein Hausbesitzer in einer hochwassergefährdeten Region, der ein Gutachten benötigt, um den Wiederbeschaffungswert seines Hauses für die Versicherung genau festzulegen.

Bauvorhaben und Entwicklungsprojekte

Bei der Planung von Bauvorhaben und Entwicklungsprojekten kann ein Verkehrswertgutachten zur Wertbestimmung und für Finanzierungsentscheidungen herangezogen werden.

Ein Beispiel hierfür wäre ein Bauträger, der den Wert eines Grundstücks ermitteln muss, um die Wirtschaftlichkeit eines geplanten Mehrfamilienhausprojekts zu bewerten.

Vermögensbewertung für private Zwecke

Eigentümer:innen können ein Gutachten nutzen, um den Wert ihres Vermögens zu kennen, besonders vor größeren Anlageentscheidungen oder zur Planung der Altersvorsorge.

Ein Beispiel wäre ein Immobilienbesitzer, der überlegt, in den kommenden Jahren mehrere Immobilien zu erwerben und eine genaue Bewertung seines aktuellen Portfolios benötigt, um seine finanzielle Strategie zu planen.

Verkehrswertgutachten bei Zwangsversteigerungen

In seltenen Fällen kommt es zu Zwangsversteigerungen von Immobilien. Zu einer Zwangsversteigerungen kann es zum Beispiel kommen, wenn Gläubiger:innen Entschädigungen von der Eigentümer:in einfordern..

Auch im Zuge eines Erbschaftsstreits kann es zu einer sogenannten Teilungsversteigerung kommen. Bei einer Teilungsversteigerung können sich die Miterb:innen nicht darüber einig werden, was mit der vererbten Immobilie zu machen ist. Daher kommt es dann entweder zu einer Zwangsversteigerung des gesamten Hauses oder zur Aufteilung in separates Wohnungseigentum.

Zur tatsächlichen Zwangsversteigerung ist es jedoch ein langer Weg. Wenn das Gericht letztlich entscheidet, dass es zu einer Zwangsversteigerung kommt, wird auch vom Gericht direkt eine Wertgutachter:in bestellt.

Zu beachten ist, dass der Startpreis bei der Versteigerung nicht der ermittelte Verkehrswert ist, sondern sich aus den Kosten des Gerichts, ausstehenden Schulden und die Rechte Dritter zusammenstellt.

Dennoch greift hier die 5/10 Grenze: Wenn bei der Versteigerung ein Gebot gemacht wird, das unter 50% des Verkehrswertes der Immobilie liegt, darf dieses nicht angenommen werden. Dies gilt zum Schutz der Eigentümer:in.

Verkehrswertgutachten für Immobilien

Bei der Ermittlung des Verkehrswertes können sich Eigentümer:innen auf ein Kurzgutachten beschränken oder ein Vollgutachten in Auftrag geben. Beide Gutachtenarten werden basierend auf verschiedenen Wertermittlungsverfahren erstellt.

Wertermittlungsverfahren

Welches Wertermittlungsverfahren von der Gutachter:in bzw. der Immobiliensachverständigen benutzt wird, hängt jeweils von der Immobilie ab und welche Informationen verfügbar sind. Generell wenden professionelle und erfahrene Sachverständige mindestens zwei Wertverfahren an.

BewertungsverfahrenVorteileNachteile
VergleichswertverfahrenMarktnahe Ermittlungevtl. fehlende Vergleichswerte
ErtragswertverfahrenIdeal für Immobilien, die Rendite abwerfenNicht geeignet für Einfamilienhäuser oder bei Eigennutzung der Immobilie
SachwertverfahrenIdeal für Immobilien ohne Vergleichsobjekte; berücksichtigt den Substanzwert, sprich: Investitionen in Renovierungen werden einberechnet; marktnahe Ermittlung durch Einberechnung der HerstellungskostenZeitaufwendig; bei selbst genutzten Eigentumswohnungen werden viele Faktoren wie Lage nicht einberechnet; fluktuierende Mietpreise werden nicht berücksichtigt
ResidualverfahrenMacht eine Ermittlung bei Bauprojekten möglichStarke Schwankungen der Faktoren und damit auch vom ermittelnden Wert; Umfangreiches Wissen notwendig
Vergleich der unterschiedlichen Bewertungsverfahren zur Ermittlung des Verkehrswertes einer Immobilie.

Vergleichswertverfahren

Das Vergleichswertverfahren (§ 133 der Immobilienwertermittlungsverordnung) ist eine sehr marktnahe Ermittlung. Hier wird die zu bewertende Immobilie mit ähnlichen Objekten und deren Verkaufspreise verglichen. Dadurch kann ein realistischer Wert ermittelt werden, den Eigentümer:innen z.B. bei einem potenziellen Verkauf erwarten können.

Ein Problem bei dem Vergleichswertverfahren tritt auf, wenn es keine vergleichbaren Objekte gibt. Das kann bei frei stehenden Häusern schnell vorkommen, primär bei denen, die auf dem Land gebaut wurden.

Die Formel, die beim Vergleichswertverfahren benutzt wird, sieht wie folgt aus:

[Summe aller Einzelwerte] / [Anzahl aller Objekte] = [Durchschnittspreis/m²].

[Durchschnittspreis/m²] x [eigene Wohnfläche] = [Verkehrswert der Immobilie]

Ein praktisches Beispiel zum Vergleichswertverfahren: Eine Eigentümer:in möchte den Wert ihrer 80m² Wohnung ermitteln lassen. Es lassen sich Vergleichsbeispiele heranziehen, die in der nahen Vergangenheit für um die 100.000€ verkauft wurden.

(1.500€/m² + 1.200€/m² + 2.000€/m²) / 3 = 1.567€/m² 1.567€/m² x 80m² = 125.333 €

Der Verkehrswert der Wohnung beträgt demnach 125.333€.

Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren (definiert im Bewertungsgesetz (BewG)§ 1844) basiert auf einer Berechnung des Verkehrswerts durch die Mieteinnahmen. Daher handelt es sich hier um ein Verfahren, welches in der Regel für vermietete Immobilien bzw. für Immobilien oder Grundstücke, die Rendite abwerfen, genutzt wird.

Der Ertragswert wird mit folgender Formel berechnet:

Ertragswert = Bodenwert + Gebäudewert + Gebäudeertragswert (erwarteter Wert der zukünftigen Mieteinnahmen bzw. der Rendite)

Für die Berechnung der einzelnen Werte, die für die Endformel benötigt werden, müssen folgende Informationen vorliegen: Bodenrichtwert, Grundstücksfläche, Wohnfläche, Mietpreis pro m², Zinssatz für Liegenschaften und die Restnutzungsdauer.

Sachwertverfahren

Das Sachwertverfahren (definiert in § 355, bis 39 ImmoWertV) ist von allen Wertermittlungsverfahren das zeitaufwendigste, wird aber dann angewandt, wenn es für eine Immobilie keine Vergleichsobjekte gibt.

Die wichtigsten Faktoren sind hier die Herstellungskosten, der Baupreisindex und die Marktsituation. Konkret sieht das Vorgehen und die Berechnung wie folgt aus:

Erster Schritt: Gebäude-Sachwert berechnen

Gebäude-Herstellungskosten – Alterswertminderung = Gebäude-Sachwert

Zweiter Schritt: Vorläufigen Sachwert festlegen

Gebäude-Sachwert + Bodenwert = vorläufiger Sachwert

Dritter Schritt: Tatsächlichen Sachwert berechnen

vorläufiger Sachwert x Marktanpassungsfaktoren =  Sachwert

Residualverfahren

Das Residualverfahren gehört nicht zu den klassischen Wertermittlungsverfahren. Dennoch handelt es sich um eine anerkannte Methode, um den Grundstückswert einer Immobilie zu berechnen.

Das Residualverfahren wird eingesetzt, wenn potenzielle Interessent:innen eine Immobilie kaufen wollen, die derzeit noch in der Projektentwicklung ist. Das können komplett neue Immobilien sein oder auch unbebaute Grundstücke.

Daher wird das Residualverfahren oft von Bauträger:innen benutzt, um zu entscheiden, ob sich ein Investment in bestimmte Projekte lohnt.

Beim Residualverfahren wird zunächst der zu erwartende Veräußerungserlös festgelegt und die Gesamtkosten des Projekts berechnet. Anhand dieser beiden Werte ergibt sich der Residualwert (der Wert, der übrig bleibt). Dieser wird daraufhin mit dem Abzinsungsfaktor multipliziert, damit der Wert zum Kaufzeitpunkt ermittelt werden kann.

Das Verkehrswertgutachten für Immobilien

Das Gutachten ist das offizielle Dokument, in dem die Wertermittlung bzw. der Verkehrswert einer Immobilie festgehalten wird. Es wird hier zwischen Kurz- und Vollgutachten unterschieden.

Kurzgutachten

Wenn eine schnelle Entscheidung nötig ist oder Auftraggeber:innen die Gutachtenkosten so gering wie möglich halten wollen, wird oft ein Kurzgutachten erstellt. Bei einem Kurzgutachten werden nur die wichtigsten Aspekte festgehalten:

  • Prüfung der Immobilie auf Schimmel und Feuchtigkeit
  • Energetische Begutachtung
  • Feststellung von (Bau-)Mängeln

Die Erstellung eines Kurzgutachtens erfolgt durch eine Gutachter:in oder Immobiliensachverständige. In einem Kurzgutachten wird in der Regel das Sachwertverfahren und Ertragsverfahren zur Wertermittlung verwendet.

Das Kurzgutachten ist günstiger und in der Erstellung schneller als ein Vollgutachten: Zu beachten ist jedoch, dass Kurzgutachten gerichtlich nicht anerkannt werden. Daher eignet sich ein Kurzgutachten nur für außergerichtliche Situationen.

Vollgutachten

Ein Vollgutachten ist eine detaillierte Bewertung einer Immobilie, die nach dem Liegenschaftsbewertungsgesetz (LGB) erstellt werden muss. Hierbei werden alle Details der Immobilie festgehalten, die zur Wertermittlung relevant sind.

Damit ist ein Vollgutachten vor Gericht anerkannt. Soll ein Gutachten von Behörden anerkannt werden, muss es von einer staatlich anerkannte Gutachter:in erstellt werden.

Ein Vollgutachten ist zum Beispiel in folgenden Fällen notwendig:

  • Gerichtliche Auseinandersetzungen (Scheidung, Erbschaft)
  • Steuerberechnungen bzgl. Erbschafts- oder Schenkungssteuer
  • Zwangsversteigerungen

Die Kosten eines Gutachtens belaufen sich bei 0,5 – 1 Prozent des Verkehrswerts der Immobilie.

Einflussfaktoren

Es gibt verschiedene Faktoren, die den Verkehrswert einer Immobilie beeinflussen können. Ein hochmodernes alleinstehendes Einfamilienhaus auf dem Land kann etwa den gleichen Wert wie eine Eigentumswohnung in der Stadt haben, da die Nachfrage in der Stadt schlicht sehr viel höher ist.

  1. Generell gilt bei der Lage einer Immobilie, je höher die Nachfrage, desto höher der Wert. Zudem spielen hier auch Lärmbelästigung oder Aussicht eine Rolle.
  2. Der Haustyp ist ebenfalls wichtig, da eine Villa in den meisten Fällen immer einen höheren Wert haben wird, als ein Mehrparteienmietshaus.
  3. Ist die Immobilie hochmodern ausgestattet und/oder verfügt über einen großen Garten oder Terrasse, steigert das ebenfalls den Wert.
  4. Energetisch effiziente Immobilien sind heutzutage attraktiver als solche, die über einen nicht grünen Energieausweis verfügen.
  5. Auch die Bauqualität (Bausubstanz) und Beschaffenheit des Hauses (z.B. Anzahl der Zimmer) sind wichtige Elemente einer höheren Bewertung.

Unterlagen für die Verkehrswertermittlung

Wenn eine Eigentümer:in sich entscheidet ihre Immobilie bewerten zu lassen, benötigt sie dafür entsprechende Unterlagen:

  • Grundbuchauszug – der Nachweis, dass die Immobilie der Eigentümer:in gehört und welche Lasten mit der Immobilie bzw. dem Grundstück ggf. verbunden sind.
  • Flurkarte – beinhaltet alle relevanten Grundstückseckdaten (Lage, Bebauung, etc.), die von der Behörde erstellt wird.
  • Bauzeichnungen (und wenn vorhanden Angabe zur Wohnfläche) – in der Regel erstellt von Architekt:innen und/oder Ingenieur:innen vor dem Bau einer Immobilie.
  • Informationen aus dem Baulastenverzeichnis – die öffentlich-rechtlich verpflichtenden Nachweise, welche Baulasten auf dem Grundstück vorliegen. Baulasten sind unter anderem Abstandsflächen zwischen anderen Grundstücken oder auch Überfahrbaulasten, wo Eigentümer:innen Nachbar:innen gewähren über ihr Grundstück zu fahren.
  • Sämtliche Nachweise von Modernisierungsmaßnahmen – wie alle energetischen Modernisierungsmaßnahmen.

Sollte es sich um eine Mietwohnung handeln, sollten zudem noch WEG-Versammlungsprotokolle und Nebenkostenabrechnungen hinzugefügt werden. Bei vermieteten Immobilien sind zusätzlich Mietverträge und eine Übersicht der laufenden Kosten relevant.

Erstellende der Wertermittlung

Den Wert einer Immobilie zu ermitteln, kann über verschiedene Wege erfolgen. Eigentümer:innen können grobe Einschätzungen mithilfe von Onlinerechnern finden, sich selbst an eine Schätzung setzen oder eine Immobilienmakler:in oder Gutachter:in beauftragen.

Ersteller:inWann sinnvoll?
Verkehrswert selbst einschätzenSinnvoll, wenn es lediglich darum geht, eine Einschätzung des Werts zu ermitteln.
Online-VerkehrswertrechnerSchnelle und einfache Möglichkeit eine erste Preisindikation zu erhalten. Aufgrund der wenigen Daten bzw. des fehlenden objektiven Eindrucks jedoch eher ungenau
Immobilienmakler:inBei außergerichtlichen Wertermittlungen sinnvoll und zudem preiswerter als eine Gutachter:in, da die Kosten einer Ermittlung oft schon in der Pauschale beinhaltet sind.
Gutachter:inDie teuerste Variante aber bei jeglichen gerichtlichen Auseinandersetzungen unabdingbar. Auch wenn sich Eigentümer:innen zukünftig rechtlich absichern möchten, empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit einer Gutachter:in.
Vergleich der verschiedenen Ermittlungen des Verkehrswerts, durch Gutachter:innen, Makler:innen oder auch Online-Rechner.

Wenn eine Eigentümer:in mit einer Makler:in oder Gutachter:in zusammenarbeitet, muss sie dieser alle relevanten Unterlagen zukommen lassen und die Immobilie mit ihr besichtigen. Danach wird die Makler:in bzw. Gutachter:in den Wert ermitteln und ggf. ein Gutachten erstellen.

Online-Verkehrswertrechner

Online-Immobilienwertrechner bieten eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit, eine erste Schätzung des Verkehrswertes einer Immobilie zu erhalten. Diese Tools basieren auf Algorithmen, die Daten wie Lage, Größe, Zustand und Markttrends berücksichtigen, um eine Wertvorstellung zu generieren.

Der größte Vorteil dieser Rechner liegt in ihrer Zugänglichkeit und Geschwindigkeit, was sie zu einem nützlichen ersten Schritt in der Bewertung einer Immobilie macht. Allerdings können sie die Expertise und die detaillierte Analyse eines professionellen Gutachters nicht ersetzen. Die Nachteile umfassen eine potenzielle Ungenauigkeit, da sie individuelle Besonderheiten und den aktuellen Zustand der Immobilie nicht vollständig erfassen können.

Online-Wertrechner eignen sich daher vorwiegend für eine erste Orientierung oder für Eigentümer:innen, die eine grobe Einschätzung des Marktwertes ihrer Immobilie wünschen, ohne sofort in ein vollständiges Gutachten investieren zu wollen.

Für offizielle Zwecke, wie den Verkauf, die Finanzierung oder rechtliche Auseinandersetzungen, ist jedoch in der Regel eine detaillierte Bewertung durch einen erfahrenen Immobiliensachverständigen unerlässlich.

Professionelle Immobilienmakler:in

Eine professionelle Immobilienmakler:in bringt umfangreiche Marktkenntnisse und Erfahrungen in die Bewertung einer Immobilie ein. Sie nutzen nicht nur ihre Kenntnisse über die aktuelle Marktlage, sondern auch ihr Netzwerk und ihre Verkaufserfahrung, um den Verkehrswert einer Immobilie realistisch einzuschätzen.

Der Vorteil der Zusammenarbeit mit einer Immobilienmakler:in liegt in der marktnahen Bewertung, die auch aktuelle Trends und die Nachfrage in der Region berücksichtigt. Zudem können Makler:innen wertvolle Tipps geben, wie der Wert der Immobilie durch bestimmte Maßnahmen gesteigert werden kann. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass Makler:innen beim Verkaufsprozess unterstützen und so den ermittelten Wert realisieren helfen.

Allerdings ist zu beachten, dass die Bewertung durch eine Makler:in nicht immer neutral ist, da sie möglicherweise an einem schnellen Verkauf interessiert sind. Für eine erste Marktwerteinschätzung oder den Verkauf einer Immobilie ist die Zusammenarbeit mit einer erfahrenen Immobilienmakler:in jedoch sehr empfehlenswert.

Immobiliengutachter:in

Die Bewertung durch eine:n Immobiliengutachter:in stellt die umfassendste und genaueste Methode zur Ermittlung des Verkehrswertes einer Immobilie dar. Gutachter:innen führen eine detaillierte Analyse durch, die nicht nur die Immobilie selbst, sondern auch das Umfeld, die Marktsituation und rechtliche Aspekte berücksichtigt.

Der größte Vorteil dieser Methode liegt in der Genauigkeit und der Anerkennung des Gutachtens bei rechtlichen Auseinandersetzungen, Finanzierungsanfragen oder steuerlichen Bewertungen. Ein Gutachten bietet eine solide Grundlage für Verhandlungen und Entscheidungen. Allerdings ist die Erstellung eines Gutachtens zeit- und kostenintensiv.

Es eignet sich daher besonders für Situationen, in denen eine präzise Bewertung unerlässlich ist, wie bei Erbschaften, Scheidungen, Gerichtsverfahren oder komplexen Immobilientransaktionen.

Die Investition in ein professionelles Gutachten zahlt sich aus, wenn es darauf ankommt, den realistischen Wert einer Immobilie genau zu bestimmen und zu dokumentieren.

Unterschied zwischen Verkehrswert und Kaufpreis

Der Kaufpreis spiegelt oftmals nicht den genauen Verkehrswert wider, da hier neue Faktoren Einfluss nehmen können. Entweder will die Eigentümer:in eine Immobilie teurer verkaufen oder günstiger, je nach individueller (Steuer-)Situation oder zum Beispiel auch, wenn die Immobilie möglichst zügig verkauft werden muss.

Der Verkehrswert (oder auch Marktwert) ist der Wert, der in § 194 BauGB definiert ist und z.B. von einer Gutachter:in ermittelt wird. Die Ermittlung basiert auf den zuvor vorgestellten Wertermittlungsverfahren.

Kosten von Verkehrswertgutachten

Die Kosten eines Verkehrswertgutachtens sind stark abhängig von dem Aufwand, die bei der Ermittlung entsteht. Meist werden die Kosten für ein Vollgutachten prozentual vom Immobilienwert berechnet. Der Prozentsatz liegt hierbei durchschnittlich bei 1,5 % des Verkehrswertes. Kurzgutachten kosten hingegen meist nur zwischen 500 und 1,000 EUR.

Fazit

In vielen Fällen ist die Ermittlung des Verkehrswertes für Eigentümer:innen notwendig. Beim weiteren Vorgehen spielt es eine große Rolle, weshalb der Verkehrswert ermittelt werden soll. Diese Information ist relevant, um zu entscheiden, was für eine Bewertung benötigt wird und ob z.B. eine Gutachter:in beauftragt werden muss. Generell können sich Eigentümer:innen merken, dass bei jeglichen gerichtlichen Auseinandersetzungen ein Vollgutachten von einer Gutachter:in erstellt werden muss. Wenn eine Eigentümer:in ihre Immobilie verkaufen will, reicht manchmal auch die Bewertung einer erfahrenen Immobilienmakler:in aus.

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